Andreas Perk

Recklinghausen

Eine kostbare Gattung hier wie da: Andi Perk ist als Grundschullehrer und ROR-Sänger ein geliebter Exot.

„Unser Lehrer Herr Perk“ verwandelt die Grundschule in Haltern in eine Rock’n Roll-Schule voller Gefühl.

Wir wollen ja gar nicht soziologisch werden, wollen nicht diskutieren, was das vor exakt 50 Jahren in Kraft getretene Gleichberechtigungsgesetz, was Feminismus und Alice Schwarzer aus Deutschland gemacht haben. Wir wollen auch nicht hinterfragen, ob Jungs in der Schule besser von Männern oder Frauen erzogen werden sollten. Aber wir wollen erwähnen, dass es an Deutschlands Grundschulen fast nur noch Lehrerinnen, also Frauen, gibt. In Nordrhein-Westfalen unterrichten 87 Prozent „Weiber“ die Knirpse von ersten bis zum vierten Schuljahr. Nur 13 Prozent sind Lehrer, Männer, Kerle. „Herr Lehrer“ ist in der Grundschule eine rare Gattung. Darf man zu diesen Geschöpfen „Exot“ sagen? Andreas Perk stört das nicht. Er ist Grundschullehrer mit Überzeugung. Und Frontsänger des Rockorchesters Ruhrgebeat. Perk ist nicht nur Exot – er ist geliebter EXOT.

Die Stadt Recklinghausen

Das ist in diesem Jahr nicht nur die Stadt der Ruhrfestspiele und die Stadt des Andreas Perk, das ist auch Rocklinghausen. Sagte jedenfalls Recklinghausens Oberbürgermeister, nachdem Thomas Godoj in der RTL-Superstar-Staffel eben jenen Superstar-Titel errungen hatte. Godoj ist Reck-, pardon: Rocklinghauser und eigentlich müsste jeder Musiker, der etwas auf sich hält, nun reflexartig die Nase rümpfen. Andreas Perk, der Recklinghauser und Rori, tut uns genau diesen Gefallen nicht. „Der Godoj“, sagt er, „gefällt mir. Der ist Musiker, zieht sein Ding durch und ist nicht so eine Hupfdohle wie die anderen vor ihm.“ Nanu, was geht denn da ab?

Rockling- oder doch Recklinghausen?

Beides stimmt! Andreas Perk holt weiter aus. „Der Godoj ist so ein Typ wie ich. Der liebt die Musik und hat jetzt seine Chance. Wenn er diese unverwechselbare Type, dieser Mucker, bleibt, habe ich daran meine ehrliche Freude!“ Doch wir wollen nicht über Godoj aus Rocklinghausen, sondern über Perk aus Recklinghausen reden, genauer: über den Grundschullehrer Andreas Perk. Er unterrichtet 22 Kinder einer zweiten Klasse, bringt ihnen Lesen, Schreiben, Rechnen bei. Und Musizieren. „Ich liebe meine Klasse. Die Kinder sind so befreit, so unbeschwert, so vorurteilsfrei.“ Seit zwei Jahren ist Andreas Perk Grundschullehrer, hatte zuvor das Lehramtsstudium, Referendariat und Praktika absolviert. Und eigentlich, ja eigentlich sollte es für ihn gar nicht an eine Grundschule gehen. Erst nach fünf Semestern – die Weichen waren schon für das Lehramt an weiterführenden Schulen gestellt – sattelte Perk um zur Grundschule.

 

Als Hauptpreis für Superstar-Kinder CD- Aufnahme mit Andi

Keine Minute hat er es seitdem bereut: „An der Grundschule ist es pädagogisch sehr viel intensiver als an der weiterführenden Schule.“ Das 15-köpfige Kollegium seiner Schule besteht aus 13 Damen und zwei Herren, den Hähnen im Korb. Kommt es wohl daher, dass Andreas Perk einen Unterricht gestalten darf, der seinesgleichen sucht? So wie es bei der Berliner Rockgruppe „Die Ärzte“ eine Rock’n Roll-Realschule geben soll, findet man in der Perk-Klasse eine musikelementare Beschulung. Wer hat je von „polyrhythmischer Percussion in der Maschinenhalle“ gehört? Wer erfuhr mal was von der Aktion „Die 4b sucht den Superstar?“ Doch, sowas gibts – bei Lehrer Perk. Und dem Gewinner, dem Superstar der 4b, winkt als Hauptpreis eine CD-Aufnahme mit Andreas Perk. Die Kinder geben dafür alles – „die Kröten sind ’ne Wucht“, staunt Lehrer Perk selbst über das Ergebnis. Das geht soweit, dass auch die Eltern jener „Kröten“ in den Sog der Musik gezogen werden. Denn die Mamas und Papas der Kinder sieht man inzwischen auf Konzerten des Rockorchesters. Man will den schrillen Herrn Lehrer gerne mal auf der Bühne sehen, worauf der Funke der Musik auf alle überspringt, vor allem aber den Unterricht in der Grundschule bereichert. „Die Lockerheit der Musik wird in den Unterricht hinein transportiert. Das tut uns allen gut.“

 

Das ganze Leben ist Musik: Seit seinem 14. Lebensjahr unterwegs.

Dieses „gut tun“ zieht sich für Andreas Perk durch sein gesamtes bisheriges Leben. Oder sagen wir es so: Sein Leben ist Musik, so wie seine Wohnung eine einzige Ansammlung von Instrumenten, Tonträgern, Zitaten des musikalischen Schaffens ist. Mit 14 Jahren machte Perk die erste Band auf. Bis auf die Tatsache, dass sie „Destiny“ hieß und (natürlich) eine ganz wichtige Nummer war, gibt es wenig Berichtenswertes, mehr schon von der nächsten Band „Soma“ zu erzählen. Der junge Priester Hermann Josef Coenen kam 1968 in die katholische Herz-Jesu-Gemeinde nach Marl-Hüls und begründete hier eine neue Form des Gottesdienstes und der musikalischen Ansprache – die Band Soma war geboren. Inzwischen gibt es sie 40 Jahre.

 

Andreas Perk – „Baujahr 1976“ – fühlte sich in den 90er Jahren von Beat-Meditationen und Jugendgottesdiensten angesprochen, kam mit 17 zu Soma, blieb fünf Jahre und ist noch heute gefühlter Soma-Enthusiast. Danach kam für Andreas Perk Sozialkritik, in Musik gepackt: Die politisch engagierte Bank hieß „Stuff“, bevor es danach in eine völlig andere Ecke ging. Mit der Coverband „Flashback“ wurde Stimmung verbreitet. Das hieß mal „Schützenfest olé´“, mal „Erna Schabulski“, ein Brüller, der im Dunstkreis der Band Flashback geboren wurde und der seinen Siegeszug von Recklinghausen nach Mallorca und wieder zurück antrat. Aus der Band hätte was werden können und Andreas Perk, der als Keyboarder und Sänger dabei war gesteht, alle seien „im Kopf schon ziemliche Rockstars“ gewesen. Auch Perks nächste Combo „Pop of the Tops“ stand immer kurz vor dem Auf- und Durchbruch. Indes: Die Zeit war noch nicht reif. Reif nicht für Andi Perk, reif nicht für deutschsprachige Rockmusik. Selbst ein Kontakt zu den H-Blockx wendete das Blatt nicht und Andreas Perk blieb als Musiker in der Heimat, wurde Grundschullehrer, blieb Musiker, Exot.

 

Dann kam das Rockorchester auf den Tenor zu. Andi Perk wurde eingeladen, sang bei ROR-Boss Hans von der Forst und dem musikalischen Leiter Wolfgang Wilger vor und war von diesem Moment an vom Bazillus der größten Rockband der Welt infiziert. „Ein Freund hatte mich aufmerksam gemacht. Jetzt bin ich schon eineinhalb Jahre dabei und genieße es.“ Mit glänzenden Augen erzählt Andi Perk, dass es für ihn „die erste Band ohne Idioten, nur mit vernünftigen Leuten“ sei, eine Band, in der er das musikalische, künstlerische Level genieße, „den Wumms von hinten“. Und dass er im Rockorchester endlich endlich mal alles machen könne, was er sich je gewünscht habe: „Alles ist live. Geile Band, geiler Sound.“ Für Andi Perk die Erfüllung. Und Rocklinghausen lässt grüßen.

Text:Stefan Aschauer-Hundt

Titel beim ROR:

Bohemian Rhapsody, Let´s work together, Always on the run, Rosanna, Barcelona, With a little help from my friends, Mendocino….

Besuche Andreas auch bei mySpace.
Homepage : www.grand-selection.de.